Überblick über das Projekt
Waterlinx setzt Methoden der Bürger*innenwissenschaft ein, um die Wasserqualität in Luxemburg zu überwachen. Zu diesem Zweck befindet sich eine App in der Testphase. Teste mit! Denn dieses Projekt demokratisiert somit die Datengenerierung für eines der wichtigsten Gemeinschaftsgüter der Menschheit.
Warum geht der Zustand des Wassers alle an?
Wasser ist die Grundlage des Lebens und verbindet alle lebenden Organismen. Das luxemburgische Wassersystem steht jedoch vor wachsenden Herausforderungen. Die Qualität des Wassers als Lebensraum für verschiedene Arten und als Wasserversorgung für den Menschen in Flusseinzugsgebieten hängt im Wesentlichen vom Zusammenspiel dreier Hauptfaktoren ab: den saisonalen Niederschlägen, der geologischen und ökologischen Beschaffenheit des Flusseinzugsgebiets sowie der Land- und Wassernutzung durch den Menschen, einschließlich der Abwasserbehandlung.
Trotz der rechtsverbindlichen Vorgaben der EU-Wasserrahmenrichtlinie und des entsprechenden luxemburgischen Gesetzes, den Zustand der Gewässer bis 2027 zu verbessern, ist kein einziges der über 100 untersuchten Gewässer in einem guten ökologischen Zustand. Der Nährstoffgehalt ist in der Regel zu hoch, nur wenige Gewässer bieten ausreichend Lebensraum für Fauna und Flora, und es fehlt an Lebensräumen und Strukturen, die sich nur entwickeln können, wenn sie genügend Platz haben und durch Uferzonen geschützt sind. Offizielle Daten sind über das Geoportal verfügbar.
Luxemburg ist seit Jahrzehnten das am schnellsten wachsende Land in der EU, mit einer Bevölkerung von rund 620.000 Menschen, die jährlich um etwa 10.000 Menschen zunimmt. Darüber hinaus kommen täglich fast 200.000 Pendler ins Land. Dies erhöht den Druck auf das ohnehin schon strapazierte Wassersystem noch weiter.
Die nationale Strategie zur Anpassung an den Klimawandel weist darauf hin, dass Wasser eine regional und saisonal begrenzte Ressource ist und dass heutige Ansätze der Trink- und Abwasserversorgung gefährdet sind. Es besteht Handlungsbedarf, um das Luxemburger Wassersystem mit all seinen ökologischen, infrastrukturellen und institutionellen Komponenten robuster zu gestalten. Nur den jährlichen Durchschnitt der Regenmengen im Auge zu behalten, reicht in Zukunft nicht; unsere Nutzungsmuster sollten sich saisonal den Umständen in der Natur anpassen – dies gilt nicht nur für die Wirtschaft, sondern auch für Gemeinden und jeden von uns. Das bedeutet: Die Gesamtheit unserer Entscheidungen, wie wir in Luxemburg in Haus und Garten mit Wasser umgehen, besonders im Sommer, werden den Wasserhaushalt und den Zustand der Natur maßgeblich mit beeinflussen. Dies betrifft sowohl die Nutzung von Chemikalien in Putzmitteln und Seifen, als auch die Entscheidung, wie viel Leitungswasser wir nutzen, z.B. in Schwimmbecken, und ob wir Regenwassertonnen zur Nutzung im Garten und Haus aufstellen. (siehe auch die INFOBOX rechts mit Handlungsvorschlägen zum Wasserschutz).
Desweiteren ist der Plan National pour un Développement Durable relevant. Gleich die ersten beiden Punkte der Diagnose von 14 nicht-nachhaltigen Tendenzen in Luxemburg weisen auf die Überstrapazierung natürlicher Ressourcen hin, einschließlich des Wassers. Die Agenda 2030 für Luxemburg bietet ebenfalls wichtige Ziele und zudem einen Aufruf an uns Bürger, unseren Umgang mit Wasser zu verbessern.
Details zum Projekt
Die immer schnelleren Veränderungen in Technologie, Wirtschaft und Gesellschaft machen es schwierig, die Zukunft vorherzusagen und zu modellieren. Grundlegende natürliche Ressourcen wie Wasser und Land werden aufgrund des Wirtschafts- und Bevölkerungswachstums immer stärker beansprucht, insbesondere in dem kleinen, aber schnell wachsenden Land Luxemburg. Während einige zukünftige Veränderungen relativ vorhersehbar sind, bleiben andere ungewiss.
Eines ist jedoch sicher: Viele künftige Auswirkungen des globalen Wandels können durch menschliches Handeln beeinflusst werden, zum Guten oder zum Schlechten. Die Notwendigkeit neuer Methoden der Entscheidungsfindung angesichts solch komplexer Interdependenzen liegt auf der Hand.
Lassen Sie uns die Zukunft gemeinsam gestalten! Schließen Sie sich der Bewegung zur Schaffung einer nachhaltigen und blühenden Zukunft an, indem Sie sich aktiv an Entscheidungsprozessen beteiligen. Durch unser gemeinsames Handeln können wir eine positive Wirkung erzielen und eine bessere Zukunft sichern.
Regenerative Initiativen sollten die komplexen Interdependenzen zwischen Veränderungen in allen sozialen und ökologischen Bereichen und in einem breiten Spektrum von räumlichen und zeitlichen Maßstäben berücksichtigen (Garmestani et al., 2020). Maßnahmen und Experimente werden davon profitieren, dass sie über diese Maßstäbe und Verwaltungsebenen hinweg vernetzt sind, während sie gleichzeitig die Veränderungen der verschiedenen ortsbezogenen Umstände und die unterschiedlichen Bedürfnisse und Wünsche lokaler Gruppen berücksichtigen.
Dementsprechend konzentriert sich der Arbeitsbereich Bürger*innenwissenschaft auf das Zusammenspiel von Wissenschaft, Politik und Praxis zum Schutz und zur Regenerierung von Oberflächengewässern. Die Verschlechterung der Wasserqualität wird als ein sich entwickelndes Phänomen innerhalb komplexer sozial-ökologischer und technologischer Systeme betrachtet. Unser Forschungsansatz, die "transformative Nachhaltigkeitswissenschaft", beruht auf partizipativen Prozessen, die wissenschaftliche Erkenntnisse aus den Natur- und Sozialwissenschaften mit ortsbezogenem Wissen und Erfahrungen verbinden (König, 2018). Wir entwickeln Konzepte, Methoden, Prozesse und Räume für partizipative wissenschaftliche Untersuchungen, die Komplexität, Kontingenz, Unsicherheit und Widersprüche zwischen verschiedenen Experten und Interessengruppen berücksichtigen.
Bürger*innenwissenschaft, definiert als ein wissenschaftlicher Untersuchungsprozess, zu dem sowohl Freiwillige als auch Expert*innen beitragen, stellt einen vielversprechenden Ansatz dar, um unterschiedliche Gruppen an verschiedenen Orten, auf unterschiedlichen Verwaltungsebenen und in unterschiedlichen Zeiträumen in kollaborative Prozesse einzubinden, um die Umweltzerstörung, einschließlich der sinkenden Wasserqualität, besser zu verstehen und unsere Kapazitäten zu erweitern. Das Projekt entspricht der Forderung nach einer stärkeren Beteiligung der Bürger an der Wasserbewirtschaftung, wie sie in der EU-Wasserrahmenrichtlinie, dem CSDD-Gutachten zur nachhaltigen Wasserbewirtschaftung und der Vision 2020 des Europäischen Statistischen Systems für die Erzeugung von Daten und Statistiken aus vielfältigeren Quellen zum Ausdruck kommt.
Dieser Teil des Projekts bot unserem Team die erste Gelegenheit, bürgerwissenschaftliche Ansätze für Luxemburg und darüber hinaus zu entwickeln. Es gelang uns, den international führenden Wissenschaftler Prof. Muki Haklay vom University College London als Mitglied des Comité d'Encadrement de Thèse für den Doktoranden und für den Aufbau von Kapazitäten für die Umwelt-Bürgerwissenschaft in Luxemburg zu gewinnen. Karl Pickar hat seine Dissertation am 16.12.2021 erfolgreich verteidigt und im Januar 2022 eine Stelle als Manager im 'Natur Park Our' angenommen, wobei sein Interesse an Bürgerwissenschaft und Zusammenarbeit fortbesteht. Die endgültige überarbeitete Fassung der Dissertation wird zu gegebener Zeit vorgelegt.
Das Forschungsprojekt diente der Erforschung des Potenzials der Bürger*innenwissenschaft als nicht-traditionelle Datenquelle zur Ergänzung des derzeitigen Datenproduktionsprozesses für die evidenzbasierte Politikgestaltung. Ein konzeptioneller Rahmen half dabei, den offiziellen Datenproduktionsprozess in Bezug auf verschiedene umweltpolitische Ziele zu untersuchen. Diese Rahmen heben verschiedene Herausforderungen hervor, mit denen der derzeitige Prozess der amtlichen Datenproduktion in Bezug auf diese politischen Ziele und die damit verbundenen Überwachungssysteme konfrontiert ist. Empirische Belege aus Interviews, Workshops und öffentlichen Datenerfassungskampagnen zeigen, dass Bürgerwissenschaft einen sinnvollen Beitrag sowohl zur Evidenzbasis für Politik und Praxis als auch zu einem verbesserten Governance-Prozess leisten kann.
Bürgerwissenschaft kann auf unterschiedliche Weise praktiziert werden, wobei wissenschaftlichen Experten und nicht fachkundigen freiwilligen Bürgern verschiedene Rollen im wissenschaftlichen Untersuchungsprozess zugewiesen werden. Die Rolle der Freiwilligen reicht vom bloßen Crowdsourcing von Datenpunkten in beitragsorientierten Ansätzen bis hin zur gemeinsamen Erstellung von Datensätzen und sozialen Prozessen für deren Analyse und Interpretation, wobei die Akteure der Bürgerwissenschaft gemeinsam den Zweck und die Forschungsfragen definieren und die Instrumente der Bürgerwissenschaft mitgestalten.
Nachhaltigkeitswissenschaft - Wandel der Forschung für eine bessere Zukunft!
Die Nachhaltigkeitswissenschaft ist ein neues Forschungsgebiet, das darauf abzielt, Sozial- und Naturwissenschaften und Technologie für einen nachhaltigen Wandel zu nutzen. Dieser interdisziplinäre Ansatz verwendet einen Systemansatz, um die dynamischen Wechselwirkungen zwischen Natur und Gesellschaft zu verstehen, und beinhaltet die Zusammenarbeit zwischen Forschern und Praktikern.
Zu den Schlüsselfragen gehören: "Wie können Forschung, Planung, Beobachtung, Bewertung und Entscheidungsfindung besser integriert werden, um ein adaptives Management und soziales Lernen zu ermöglichen?" und "Wie können wir die Zukunft kreativ und rigoros erforschen und dabei den normativen Charakter der Nachhaltigkeit widerspiegeln und verschiedene Perspektiven einbeziehen?"
Schließen Sie sich der Bewegung zur Umgestaltung der Forschung für eine bessere Zukunft an! Mit Hilfe der Nachhaltigkeitswissenschaft können wir innovative Wege finden, um eine nachhaltigere Welt zu schaffen und die dringenden Herausforderungen unserer Zeit zu bewältigen.
Die Umkehrung des sechsten Massensterbens von Arten, das durch den raschen Klimawandel beschleunigt wird, muss sich auf eine breite Beteiligung an ortsbezogenen Maßnahmen für eine regenerative Nachhaltigkeit in allen Bereichen der Gesellschaft stützen. Um eine solche regenerative Zusammenarbeit auf öffentlichem und privatem Grund und über unterschiedliche Interessen und Fachkenntnisse hinweg zu erreichen, bedarf es tiefgreifender Veränderungen in der Art und Weise, wie wir einander und die ökologischen Systeme, deren Teil wir sind, betrachten, über sie denken und zueinander in Beziehung stehen. Grundlegende Veränderungen in den vorherrschenden Praktiken, Werten und Orientierungen und im Grunde genommen auch in unserem Wissenssystem selbst werden ein wesentlicher Bestandteil einer solchen Transformation sein.
Citizen Science - Datengenerierung für eine widerstandsfähige Gesellschaft
Unsere Citizen-Science-Ansätze wie Waterlinx bieten einen Einstieg in eine systemische Betrachtung der Wechselwirkungen zwischen Mensch, Umwelt und Technologie, bieten Möglichkeiten des Erfahrungslernens und schaffen Raum für Reflexion. Sie können unsere Aufmerksamkeit und damit unsere persönlichen und kollektiven Ressourcen bündeln, indem sie unsere Beobachtungen zur Gesundheit unserer Ökosysteme, zu den Vorteilen, die Ökosysteme für unsere Gesundheit und unser Wohlbefinden bieten, und zu den Auswirkungen menschlicher Aktivitäten und Technologien auf sie lenken. Wir konzipieren bürgerwissenschaftliche Ansätze als Räume der Zusammenarbeit und der gemeinsamen Bedeutungsfindung, die die Grundlage für koordinierte Maßnahmen verschiedener Interessengruppen bilden, darunter Wassermanager, Umweltaktivisten, wissenschaftliche Experten, Lehrer und Studenten sowie freiwillige Bürger.
Für die Waterlinx APP wurden die Datenstruktur und die Fragen, die die Beobachtungen leiten, in Zusammenarbeit mit Vertretern all dieser Interessengruppen entwickelt. Alle diese Gruppen haben ihr Interesse daran bekundet, die mit der Waterlinx APP gesammelten Daten für verschiedene Zwecke zu nutzen. Dazu gehören das Lernen und Lehren über die Wasserqualität und die Gesundheit aquatischer Ökosysteme, das Verstehen der Vorzüge und Grenzen der Umweltwissenschaft, die Identifizierung von Verschmutzungsherden oder von Faktoren, die die Wanderung von Wasserorganismen behindern, das Vorschlagen von vorrangigen Gebieten für die Flusssanierung und die Ergänzung der offiziellen Daten über die Wasserqualität großer Flüsse durch Daten über kleinere Gewässer. Um diese Ziele zu erreichen, sind eine gewisse Redundanz und ein hohes Maß an Engagement seitens vieler Nutzer erforderlich, um eine angemessene Datenqualität zu gewährleisten.
Mit der Waterlinx App werden Sie genau das tun können!
Weitere Einzelheiten zu den Einsatzmöglichkeiten der Bürger*innenwissenschaft im Allgemeinen und zur Wasserqualität im Besonderen finden Sie in unserer Veröffentlichung, die Sie unter Ressourcen finden und auf dieser Website.