Nexus Futures: Citizen Science

Citizen Science in Luxembourg

Daten über den Einfluss von Mensch und Technik auf Umwelt gemeinsam sammeln und Handlungswissen schaffen.

Bedarf, Ziel und Zweck

Das Anliegen der Transformativen Nachhaltigkeitsforschung, wie sie z.B. durch das Sustainability Science Team der Uni Luxembourg praktiziert wird, ist es, Räume und konkrete Möglichkeiten zum Mitdenken und Mitmachen zu schaffen und wissenschaftliche Begleitung dafür anzubieten. Es sollen neue und auch lokal angepasste Handlungsideen, Handlungswissen und Handlungsräume entstehen, so dass jede:r Bürger:in sich aktiv einbringen kann, um bei der Regeneration natürlicher Ressourcen und unser aller Lebensgrundlagen zu helfen. Die Regeneration von Wasser sowie die Biodiversität sind bei uns zentrale Anliegen.

Citizen Science – auch Bürgerwissenschaft genannt – ist ein wichtiger Ansatz in der transformativen Nachhaltigkeitsforschung. Endlich besteht die Chance, Wissensgenerierung für Entscheidungsgrundlagen zu demokratisieren, so dass nicht nur oft allgemeineres Expert:innenwissen, sondern auch detaillierteres Wissen über örtliche Umstände gemeinsam gesammelt und genutzt werden kann. Neue Entwicklungen von preiswerten Messwerkzeugen und Datenverarbeitung, beispielsweise mit dem Handy, eröffnen neue Möglichkeiten, sich auch ohne relevantes Vorwissen in wichtige Datensammlungen über den Zustand und unseren Umgang mit der Umwelt einzubringen.

Sinnvoll ist Citizen Science ganz besonders im Bereich Wasser! Nicht nur ergänzen wir offizielle Daten in Bereichen in denen z.Zt. nicht gemessen wird, wie z.B. an kleineren Gewässern mit einem Einzugsgebiet von weniger als 10 km2.  Die Gelegenheit beim Datensammeln zu helfen, bietet auch Möglichkeiten der aktiven Teilhabe. Dadurch erschließen sich auch für einen selbst der Bedarf und neue Handlungsmöglichkeiten zum Umgang mit Wasser – denn nur wenn alle mitmachen, klappt die Transformation einer Gesellschaft.

Gemeinsames Datensammeln und Experimentieren erlaubt:

  • Sinnstiftung über unsere Umwelt und unseren eigenen Bezug dazu.
  • Eigene Erfahrungen durch und über Wissenschaft zu gewinnen: Was wird gemessen und wie – und was bedeuten diese Messwerte überhaupt?
  • Eigene ortsgebundene Expertise aufzubauen: Wenn in meiner Gemeinde gehandelt werden soll, so wissen oft Personen vor Ort am besten, was Handlungsmöglichkeiten sind, mit Blick auf den Zustand der Gewässer und den Bedarf und Umgang.
  • Das Schaffen eines nationalen und verständlichen Datenpools, an dem viele mitarbeiten können – „Ko-Kreation“ von Wissen als gemeinsame Handlungsbasis.
  • Handlungsfelder für sich selbst erkennen und Bewusstsein für die Konsequenzen des eigenen Handelns zu gewinnen.
  • Den komplexen, von vielen verschiedenen Faktoren bedingten, schnellen Wandel im Zustand der Umwelt besser verstehen zu lernen.

Die Methoden

Mit dem Citizen-Science-Toolset können individuelle Beobachtungen über den Zustand von Wasser in Bezug auf ganz verschiedene Faktoren wie Umwelt, menschliche Aktivitäten oder Infrastruktur und Technologie, welche die Wasserqualität an der ausgesuchten Stelle beeinflussen können, dokumentiert werden: durch Fotos und die Beschreibung des Wassers (z.B. Vorkommen von Sedimenten, Algen oder auch Müll), des Uferrands, sowie der Art der Landnutzung um das Gewässer herum. Hinzu kommt die Bestimmung von Nitrat- und Phosphatgehalt mit Hilfe leicht zu nutzender Indikatoren. Nitrat- und Phosphatgehalt des Wassers geben Aufschluss darüber, ob das Wasser als Lebensraum eine gute Grundlage zur Entfaltung von Biodiversität gibt, oder ob bei zu hohem Nährstoffgehalt nur Arten eine Chance haben, die mit diesen Bedingungen gut zurechtkommen (wie bestimmte Algen und Cyanobakterien) und andere Arten wie z.B. verschiedene Fische, Flussmuscheln, aber auch Insektenlarven verdrängt werden. Weitere Faktoren, die von Interesse sind, beziehen sich auf persönliche Beobachtungen und Eindrücke, die auch das Zusammenspiel von Mensch und Natur an der Messstelle beschreiben. Zeigen sich Rohre, die Abwasser in den Flusslauf führen? Ist eine Straße oder sind Zugschienen in der Nähe? Fühlt man sich an dieser Stelle wohl in der Natur? Wenn ja, warum?

Da Nährstoffgehalte im Oberflächenwasser sehr variabel sind und von sehr verschiedenen Faktoren abhängen, wie Wetter, menschliche Aktivität, etc. ist ein einziger Messpunkt allein betrachtet, kaum aussagekräftig. Es ist ein bisschen, als betrachte man eine Musiknote, um ein Urteil über eine ganze Oper zu fällen. Daher ist es sinnvoll, sich ein Bild von Messungen über Raum und Zeit verteilt anzusehen. Zudem können auch Messfehler passieren. Beipspielsweise ist das Ablesen der Indikatoren-Strips, um den Nährwertgehalt zu messen, oft nicht völlig eindeutig. Daher ist ein jeder Messwert auch mit gewissen Ungewissheiten behaftet. Deshalb gilt: je mehr Daten, desto besser und desto wichtiger ist ein partizipativer Ansatz zur Datenerhebung mit Citizen Science.

Ergebnisse und Inhalte

Mit der für dieses Projekt geschaffenen App, können Daten der Citizen-Scientists nun ganz besonders einfach und transparent übermittelt werden.

Darüber hinaus gibt es drei zusätzliche Möglichkeiten, mit dem Forscher:innenteam der Universität Luxemburg ein längerfristiges Citizen Science Projekt zu planen:

1. Wiederholte Datensammlung mit Schulen oder Firmen als Teil eines Corporate Social Responsability Programms

Mit etwas Vorlauf (ca. 3 Wochen) kann das Citizen Science Team vieles möglich machen. Gerne arbeiten wir mit interessierten Lehrer:innen und Firmen, mit Schüler:innen (und Eltern) sowie Arbeitnehmer:innen über längere Zeit (min. 2 Monate oder auch über mehrere Jahre), um wiederholt Daten an den gleichen Stellen zu sammeln. In solchen Fällen kann, mit etwas anspruchsvolleren Testkits, auch eine breite Palette interessanter Indikatoren gemessen werden. Hierzu bieten wir ein kurzes Training der Personen an, die die Zuständigkeit übernehmen möchten.

2. Co-Design eines eigenen Indikatorensets und Internetportals

Das Forscher:innenteam kann eine kleine Anzahl zielgerichteter Citizen Science Projekte durch engagierte Organisationen unterstützen, in denen ein projekteigenes Citizen Science Indikatorenset für einen bestimmten Zweck und eine bestimmte Gruppe gemeinsam erstellt wird.  Voraussetzung ist, dass die Datensammlung durch engagierte Teilnehmer:innen über eine längere Zeitspanne gewährleistet ist. Pilotprojekte mit dem Geopark Müllerthal und der Gemeinde Niederanven sind gestartet (Berichte über diese Projekte finden Sie hier: Workshop 1 – Müllerthal, Workshop 2 – Müllerthal, Workshop Syr).

Das in den Co-Design-Workshops konzipierte Citizen-Science-Tool ermöglicht dann die Datenerhebung und -auswertung in Bezug auf ortsangepasste und von Ortsinteressen geprägte Indikatoren und setzt sich zusammen aus einem Kit, einer App und einem Web-Interface. Das Kit besteht aus einem Set von Werkzeugen, die zur Datenerhebung benötigt werden (z.B. Messinstrumente). Die App ermöglicht die Dateneingabe. Das Web-Interface dient zur Datendarstellung und ermöglicht ihre Auswertung. Die Komponenten werden auf bestehenden Citizen-Science-Elementen und Tools aufgebaut. Ein wichtiges Thema in der Entwicklung ist die Datendarstellung und -zugänglichkeit. Die Web-Plattform soll alle Citizen-Science Daten, die im Rahmen des NEXUS CITIZEN SCIENCE Projekts erhoben werden, zusammenführen. Jede Gruppe entwickelt ein Indikatorenset, das für ihrem Rahmen und für ihr Anliegen angepasst ist. Die verschiedenen Sets haben untereinander auch ihre Schnittmengen.

Das Pilotprojekt WATGOV (2017-2021) wurde im Rahmen einer Dissertation durch Karl Pickar an der Universität Luxemburg in enger Zusammenarbeit mit Prof. Muki Haklay und seiner Forschungsgruppe Extreme Citizen Science (ExCiteS) am University College London durchgeführt. Karl Pickar ist auch Mitglied im Team des NEXUS FUTURES Projekts. Die Promotionsstelle wird durch die Universität Luxemburg im Rahmen der Unterstützung von interdisziplinären Forschungsprojekten finanziert.

3. Das jährliche internationale WaterBlitz Event mit Earthwatch

Das Projekt WaterBlitz wird in Zusammenarbeit mit Earthwatch, einer Nichtregierungsorganisation aus England, im Rahmen ihres Citizen-Science-Projekts „FreshWater Watch“ durchgeführt.

Für weiterführende Informationen, folgenden Sie bitte diesem Link. Einen Bericht über die Hauptergebnisse der ersten WaterBlitz Events in Luxembourg im September 2019 und Mai 2021 finden Sie hier.

Der WaterBlitz Luxemburg wird bereits zum wiederholten Mal von der Universität Luxemburg in Zusammenarbeit mit Earthwatch organisiert und läuft parallel zu drei weiteren Veranstaltungen in London, Dublin und Paris. Aus den gesammelten Daten konnten bereits wertvolle Informationen über den Zustand der luxemburgischen Gewässer gewonnen werden.

Was können wir sonst noch tun, um Wasser zu sparen?

Trinkwasser:
Nutze wassersparende Duschköpfe und Wasserhähne, lieber öfter duschen als baden. Regenwasser kann für den Garten genutzt werden, anstatt Abführung durch die Dachrinne zur Kanalisation. Kläranlagen arbeiten effektiver, wenn belastetes Haushaltswasser nicht zu sehr verdünnt wird. Leitungswasser kann und sollte auch als Trinkwasser genutzt werden. Dies erspart der Natur weitere Kosten, die durch die Produktion und Verteilung von Flaschenwasser entstehen.

Abwassermanagement:
Schwer abbaubaren Stoffe wie Zigarettenstummel, Feuchttücher, Binden oder Zahnseidedürfen nicht im Abfluss entsorgt werden! Toilettenpapier so wenig wie möglich nutzen, um Abfallbelastung zu reduzieren. Keine Medikamente (wie z.B. Salbenreste) durch den Abfluss entsorgen, diese sind sehr schädlich für Wasserorganismen und Kläranlagen. Im Garten, Haushalt und Bad sollten generell Chemikalien vermieden werden. Nutze simple Hygieneprodukte, die natürlich abbaubar sind und so wenige verschiedene synthetische Stoffe wie möglich beinhalten. Produkte auf Basis pflanzlicher Stoffe und Öle sind eine sinnvolle Alternative. Außerdem: Kein Öl und Ölreste in den Abfluss gießen! Das Fett setzt Bakterien in Kläranlagen außer Gefecht und versopft Leitungen.

Gewässer schützen:
Das Gewässer muss genug Platz haben, um sich natürlich zu entwickeln. In Gemeinden kann man sich für Bebauungspläne einsetzen, die Gewässer respektieren und Raum für Renaturierungsprojekte lassen. Die Uferbereiche müssen als Teil des Gewässers geschützt werden und es darf kein Müll in und um Gewässer entsorgt werden.

Citizen Science Projekt: WaterBlitz

Ausgewählte Daten der letzten CitizenScience Events, den entsprechenden Bericht von Earthwatch Europe finden Sie hier.

Was ist das und wie funktionier das?