Bedürfnisse, Ziele und Zwecke

Wasser und Boden sind von zentraler Bedeutung für unser Leben. Und doch: In vielen Regionen - auch in Luxemburg - verschlechtert sich der Zustand dieser lebenswichtigen Ressourcen vor unseren Augen! Die Hauptgründe dafür sind unsachgemäße Nutzung und Verschmutzung. Hinzu kommt, dass extreme Wetterereignisse wie Starkregen, Stürme, sommerliche Dürreperioden und Hitzewellen zunehmen werden. Das bedeutet zusätzliche Belastungen. Es stellt sich die Frage, ob sich diese beiden Lebensgrundlagen weiter erneuern können und ob die biologische Vielfalt erhalten werden kann. Angesichts dieser tiefgreifenden ökologischen Krise setzen sich immer mehr Menschen für eine nachhaltige Entwicklung ein. In der Politik, in der Wirtschaft und in vielen anderen Initiativen.

Doch die Weichen für eine nachhaltige Entwicklung zu stellen, ist schwierig. Denn Veränderungen für eine nachhaltigere Praxis erfordern ein Ausbrechen aus gewohnten Denk- und Verhaltensmustern. Es geht nicht nur darum, sich die Zukunft mit ihren Unwägbarkeiten und Risiken als offen vorzustellen, sondern auch um die Frage nach unserer Verantwortung, unserem Handlungsspielraum und unseren Gestaltungsmöglichkeiten. Szenarien sind hilfreich, um diese Frage gemeinsam mit einem breiten Spektrum von Interessengruppen und Fachleuten zu erörtern. Zu diesem Zweck wurde in einem partizipativen Prozess ein Set von Szenarien entwickelt. Diese drei unterschiedlichen Zukunftsszenarien für den Umgang mit Wasser und Boden in Luxemburg im Jahr 2045 sollen uns helfen, unseren Einflussbereich besser zu erkennen.

Sehen Sie hier ein Video zu den Szenarien:

Methoden

Qualitative Szenarien bieten plausible Darstellungen möglicher zukünftiger Entwicklungen und skizzieren, wie die Zukunft aussehen könnte. Diese Szenarien berücksichtigen systematisch Zusammenhänge, die unsere Zukunft prägen könnten. In Luxemburg können wir zum Beispiel untersuchen, wie sich Faktoren wie öffentliche Rentenfonds, Staatsfinanzen, wachsende Pendler*innen- und Bevölkerungszahlen sowie der Tanktourismus unter verschiedenen Bedingungen auf den Wasserverbrauch und die Wasserqualität auswirken könnten. Durch die Kombination von plausiblen Kontexten werden kohärente Zukunftsszenarien erstellt. Da qualitative Szenarien immer die Erstellung mehrerer solcher Szenarien beinhalten, wobei die Entwicklungen in einem Szenario oft im Widerspruch zu denen in einem anderen stehen, wird die Zukunft als offen dargestellt. Der Prozess des Aufbaus kohärenter Welten erfordert vernetztes Denken. Die Verwendung verschiedener Zukunftsbilder als Analyserahmen bietet die Möglichkeit, potenzielle Handlungsoptionen und ihre Folgen unter verschiedenen Umständen besser zu verstehen. Die Szenarioplanung regt dazu an, die eigenen Annahmen zu hinterfragen, alte Denkmuster zu durchbrechen und gemeinsam mit Akteur*innen aus verschiedenen Bereichen neue Strategien zu überlegen.

Qualitative Szenarien und Systemanalysen sind zwar nicht der einzig gültige Ansatz, aber sie bieten eine neue Perspektive auf die Problemlösung und können Bereiche aufzeigen, in denen eine Einflussnahme auf die Gestaltung einer gemeinsamen Zukunft möglich ist. Diese Methoden decken manchmal auch unerwartete Möglichkeiten auf.

Als ergänzendes Set bieten diese Szenarien einen Denkrahmen, der die Offenheit der Zukunft unterstreicht und gleichzeitig zeigt, dass die Auswirkungen von Veränderungskräften und Ungewissheiten oft bis zu einem gewissen Grad beeinflusst werden können. Während des gesamten Projekts kann dieser Satz von Szenarien dazu verwendet werden, Strategien und Handlungsoptionen auf verschiedenen politischen und praktischen Ebenen (national, regional oder auf der Ebene von Gemeinden und Organisationen) und mit verschiedenen Interessengruppen zu entwickeln und ihre Widerstandsfähigkeit in einer ungewissen Zukunft zu testen.

NEXUS FUTURES: Drei Zukunftsszenarien

Im Rahmen des interdisziplinären Forschungsprojekts NEXUS FUTURES wurden drei Zukunftsszenarien entwickelt, die von einem breiten Spektrum von Akteur*innen mitgestaltet wurden. Experten aus verschiedenen Bereichen trugen zu einem grundlegenden Rahmen für die Szenarien bei, der Bezugspunkte aus ihren jeweiligen Fachgebieten enthielt. Das Ergebnis dieses Prozesses waren fünf Expert*innenbeiträge, die jeweils eine detaillierte Beschreibung der Szenarien lieferten und diese nach spezifischen Wissensgebieten differenzierten.

Das Projekt wurde vom luxemburgischen Ministerium für Umwelt, Klima und nachhaltige Entwicklung und der Universität Luxemburg gefördert. Mehr als 60 Interviews mit Expert*innen, Entscheidungstragendenund Interessenvertreter*innen aus Bereichen wie Wasser, Landwirtschaft, Umweltschutz und Verbraucherverbänden wurden ausgewertet. Zusätzlich wurden die Ergebnisse von sieben Workshops mit jeweils 30-50 Teilnehmern ausgewertet. Die Annahmen über die künftige Entwicklung unseres Klimas beruhen auf Berichten des Zwischenstaatlichen Ausschusses für Klimaänderungen (IPCC).

Abbildung 0.1: (c) Ingo Schandler, Universität Luxemburg: Bildliche Gegenüberstellung verschiedener Ansichten zu den Hauptherausforderungen im Umgang mit Wasser und Land, die während des Workshops am 17. und 18. Juni diskutiert wurden.

 

Ergebnisse und Inhalt

Neigt die Gesellschaft dazu, technische Lösungen zu bevorzugen, Gesundheit und Wohlbefinden in den Mittelpunkt zu stellen oder den Schutz und die Wiederherstellung einer intakten Umwelt in den Vordergrund zu stellen? Diese unterschiedlichen Schwerpunkte haben uns veranlasst, drei Zukunftsszenarien zu entwickeln, die zeigen, wie stark die Zukunft vom Zusammenspiel zwischen Kultur, Technologie und Umwelt abhängen wird. Zusammengenommen können diese Szenarien helfen, Perspektiven für die Gestaltung einer nachhaltigen Zukunft zu entwickeln. Es ist wichtig zu beachten, dass diese Szenarien weder Vorhersagen noch besonders wünschenswerte Ergebnisse sind. Die Zukunft wird wahrscheinlich Aspekte aus allen drei Szenarien enthalten.

Das Szenario "Intelligente Nachhaltigkeit" stellt sich eine Welt vor, in der technologische Innovationen rasch voranschreiten und künstliche Intelligenz viele Kontroll- und Entscheidungsfunktionen übernimmt. Recycling und ressourcenschonendes Wirtschaften sind die wichtigsten Prioritäten der Gesellschaft. Doch trotz dieser technologischen Fortschritte verschlechtert sich der Zustand von Wasser, Boden und Luft aufgrund des Wirtschafts- und Bevölkerungswachstums. Die Ungleichheit bei der Verteilung der Ressourcen nimmt weiter zu.

Im Szenario "Gemeinwohl und Wissen" sind Politik und Wirtschaft stark regionalisiert und funktionieren in erster Linie im Rahmen eines Modells der Sharing Economy, bei dem viele Güter unter der Bevölkerung geteilt werden. Dieser Ansatz ermöglicht eine nachhaltigere Nutzung und einen besseren Schutz der lokalen Wasser- und Landressourcen. Nationale Institutionen spielen im Vergleich zu regionalen Institutionen eine geringere Rolle, die Infrastruktur ist dezentralisiert und der Wettbewerb zwischen den Regionen verschärft sich.

Das Szenario "Ein Teil der Natur" zeigt eine Welt, in der die Wasser- und Nahrungsmittelversorgung häufig durch globale Krisen bedroht ist. Die Gesellschaft nimmt einen einfachen Lebensstil an, der sich auf die Sicherung der Existenz innerhalb eines größeren Lebensnetzes konzentriert. In diesem Szenario hat der Schutz der Umwelt Vorrang vor Privateigentum und persönlicher Entfaltung.

Diese Szenarien lassen sich am wirkungsvollsten als Set einsetzen, das relevante und plausible Eckpunkte für ein breites Spektrum möglicher zukünftiger Entwicklungen illustriert. Es wurde ein umfangreiches Materialpaket erstellt, das nun für den praktischen Einsatz in Workshops, im Unterricht oder für private Diskussionen über diese dringenden Themen, die uns alle betreffen, zur Verfügung steht. Diese Website bietet Zugang zu diesen wertvollen Ressourcen.

Das Szenario-Set wird derzeit in einem partizipativen Prozess zur Entwicklung einer nationalen Strategie für die Agroforstwirtschaft in Luxemburg verwendet.

Das Szenario-Set wurde auch in einem CIPU-Workshop mit Gemeinden verwendet, um Handlungsoptionen zur Erhöhung der Widerstandsfähigkeit gegenüber den möglichen Auswirkungen des Klimawandels zu diskutieren.

Das Szenario-Set wird in Zukunft auch als Teil eines Schulungsprogramms für Führungskräfte verwendet werden.

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Dr. Ariane König
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